Bewertung von Erbbaurechten – Einfluss auf den Verkehrswert, Laufzeit des Erbbaurechts & Erbpachtzahlungen

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Veröffentlicht am:
June 4, 2025

Das Erbbaurecht ist eine besondere Form des Eigentums, bei der das Gebäude einer Immobilie einem anderen gehört als das Grundstück. Während das Gebäude vom Erbbauberechtigten genutzt oder verkauft werden kann, bleibt das Grundstück im Besitz des Erbbaurechtsgebers (z. B. Kirche, Stiftung, Stadt oder Privatperson). Da das Erbbaurecht den Immobilienwert erheblich beeinflusst, müssen bei der Bewertung spezielle Faktoren berücksichtigt werden.

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1. Besonderheiten des Erbbaurechts und Einfluss auf den Verkehrswert

🔹 Grundstück und Gebäude sind getrennt

  • Der Käufer erwirbt nur das Gebäude, nicht das Grundstück.
  • Der Verkehrswert fällt dadurch meist deutlich niedriger aus als bei Immobilien mit eigenem Grund und Boden.

🔹 Erbpachtzahlungen belasten den Wert

  • Der Erbbauberechtigte zahlt eine jährliche Erbpacht an den Grundstückseigentümer.
  • Die Höhe der Erbpacht beeinflusst den Marktwert des Erbbaurechts.

🔹 Laufzeit des Erbbaurechts ist begrenzt

  • Erbbaurechte laufen oft 50 bis 99 Jahre, danach fällt das Gebäude an den Grundstückseigentümer zurück.
  • Je kürzer die Restlaufzeit, desto stärker sinkt der Wert.

🔹 Rückfall des Gebäudes an den Erbbaurechtsgeber

  • Nach Ablauf kann der Erbbaurechtsgeber das Gebäude übernehmen.
  • Oft wird eine Entschädigung gezahlt, aber diese beträgt in der Regel nicht den vollen Marktwert.

💡 Folge: Immobilien mit Erbbaurecht sind oft 20 – 50 % günstiger als vergleichbare Immobilien mit eigenem Grundstück.

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2. Bewertungsmethoden für Erbbaurechte

Die Bewertung eines Erbbaurechts erfolgt meist über das Ertragswertverfahren, da die Immobilie langfristig Erträge (Miete oder Eigennutzung) erwirtschaftet. Alternativ kann das Vergleichswertverfahren genutzt werden, sofern ausreichend Referenzobjekte mit Erbbaurecht existieren.

Schritt 1: Verkehrswert ohne Erbbaurecht ermitteln

Zunächst wird der Wert der Immobilie so berechnet, als würde sie auf einem eigengenutzten Grundstück stehen. Dies geschieht durch:

  • Vergleichswertverfahren (bei Wohnungen, Einfamilienhäusern)
  • Ertragswertverfahren (bei vermieteten Objekten)
  • Sachwertverfahren (bei eigengenutzten Gebäuden)

Beispiel:
Ein Haus mit Grundstück wäre 500.000 € wert.

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Schritt 2: Bodenwert und Erbbauzins berechnen

Da das Grundstück nicht mitverkauft wird, muss der Bodenwert separat ermittelt werden. Grundlage ist der Bodenrichtwert der Region.

📌 Formel für den Erbbauzins:

Erbbauzins = Bodenwert × vereinbarter Erbbauzinssatz

💡 Der Erbbauzinssatz liegt oft zwischen 3 – 6 % des Bodenwerts.

Beispiel:

  • Bodenwert: 200.000 €
  • Erbbauzinssatz: 4 %
  • Jährlicher Erbbauzins = 200.000 × 4 % = 8.000 € pro Jahr
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Schritt 3: Kapitalisierung des Erbbauzinses

Der zukünftige Erbbauzins wird in der Bewertung als Belastung berücksichtigt, indem er mit einem Kapitalisierungsfaktor abgezinst wird.

📌 Formel für den abgezinsten Erbbauzins:

Kapitalisierter Erbbauzins = Erbbauzins × Barwertfaktor (abhängig von Laufzeit & Zinsniveau)

Ein niedriger Barwertfaktor (z. B. 10 bei kurzer Restlaufzeit) führt zu einer höheren Belastung, ein hoher Faktor (z. B. 25 bei langer Restlaufzeit) zu einer geringeren.

Beispiel:

  • Erbbauzins: 8.000 €/Jahr
  • Barwertfaktor: 15 (bei 50 Jahren Restlaufzeit und 3 % Zinssatz)
  • Kapitalisierter Erbbauzins = 8.000 × 15 = 120.000 €
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Schritt 4: Ermittlung des endgültigen Verkehrswerts

Nun wird der Wert des Hauses um den kapitalisierten Erbbauzins reduziert.

📌 Formel:

Verkehrswert mit Erbbaurecht = Verkehrswert ohne Erbbaurecht – kapitalisierter Erbbauzins

Beispiel:

  • Verkehrswert ohne Erbbaurecht: 500.000 €
  • Kapitalisierter Erbbauzins: 120.000 €
  • Verkehrswert mit Erbbaurecht: 500.000 – 120.000 = 380.000 €

💡 Ergebnis: Durch das Erbbaurecht sinkt der Marktwert um 24 % im Vergleich zu einer Immobilie mit eigenem Grundstück.

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3. Einfluss der Restlaufzeit auf den Wert

Je kürzer die verbleibende Restlaufzeit des Erbbaurechts, desto stärker sinkt der Wert der Immobilie, weil die Nutzung zeitlich begrenzt ist.

🔹 Laufzeit über 60 Jahre → Kaum Wertminderung
🔹 Restlaufzeit 30 – 50 Jahre → Leichte Wertminderung, Banken finanzieren vorsichtiger
🔹 Restlaufzeit unter 30 Jahre → Deutlicher Wertverlust, viele Banken vergeben keine Kredite mehr
🔹 Restlaufzeit unter 10 Jahre → Sehr schwer verkäuflich, starker Preisabschlag

📌 Banken setzen oft eine Mindestrestlaufzeit von 40 Jahren für die Finanzierung voraus.

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4. Was passiert nach Ablauf des Erbbaurechts?

🔸 Verlängerung: Oft kann das Erbbaurecht verlängert werden, aber meist zu neuen Bedingungen.
🔸 Rückgabe an den Grundstückseigentümer: In diesem Fall besteht ein Anspruch auf Entschädigung, meist zwischen 50 – 80 % des Gebäudewerts.
🔸 Kaufoption: In manchen Fällen kann der Erbbauberechtigte das Grundstück erwerben – jedoch zu aktuellen Marktpreisen.

💡 Wichtig: Käufer eines Erbbaurechts sollten prüfen, ob eine Verlängerung oder ein späterer Kauf möglich ist!

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5. Fazit – Wann lohnt sich eine Immobilie mit Erbbaurecht?

Lohnenswert für:
✔️ Käufer mit wenig Eigenkapital, die kein teures Grundstück kaufen möchten
✔️ Personen, die langfristig in begehrten Lagen wohnen wollen (z. B. kirchliche oder städtische Erbpachtgebiete)
✔️ Investoren, wenn der Erbbauzins sehr niedrig ist

Weniger geeignet für:
❌ Käufer, die eine Wertsteigerung erwarten – Wiederverkauf ist oft schwerer
❌ Käufer, die unsicher sind, ob das Erbbaurecht verlängert wird
❌ Käufer, die eine hohe Beleihung benötigen – Banken setzen oft niedrigere Beleihungswerte an

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