July 17, 2025
Altlastenbelastete Grundstücke stellen eine besondere Herausforderung bei der Immobilienbewertung dar. Ob Bodenverunreinigungen durch frühere industrielle Nutzung, Altöl- oder Chemikalienrückstände oder illegale Müllablagerungen – solche Belastungen können den Verkehrswert erheblich mindern und teure Sanierungsmaßnahmen erforderlich machen. Eine professionelle Bewertung ist unerlässlich, um Risiken frühzeitig zu erkennen und die Auswirkungen auf den Wert realistisch einzuschätzen.

1. Was sind Altlasten und wie entstehen sie?
Altlasten sind schädliche Rückstände im Boden oder Grundwasser, die durch frühere Nutzung entstanden sind. Besonders betroffen sind:
🔹 Ehemalige Industrie- und Gewerbegebiete (z. B. Chemiebetriebe, Tankstellen, Druckereien, Metallverarbeitung)
🔹 Stillgelegte Deponien oder illegale Müllkippen
🔹 Ehemalige Kasernen, Bahnhöfe oder Bergbaugebiete
🔹 Landwirtschaftlich genutzte Flächen mit hohen Pestizidrückständen
🔹 Grundstücke mit undichten Öl- oder Chemikalientanks
📌 Folge: Diese Verunreinigungen können den Boden, das Grundwasser und die Umgebung beeinträchtigen und hohe Sanierungskosten verursachen.

2. Welche Auswirkungen haben Altlasten auf den Wert eines Grundstücks?
🔸 Hohe Sanierungskosten → Muss der Boden ausgetauscht oder gereinigt werden, kann dies hohe sechsstellige Beträge kosten.
🔸 Eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten → Manche belastete Flächen dürfen nicht für Wohnzwecke genutzt werden.
🔸 Haftungsrisiken für Eigentümer → Käufer übernehmen oft automatisch die Sanierungspflicht.
🔸 Schwierige Finanzierung → Banken vergeben nur ungern Kredite für altlastenbelastete Grundstücke.
🔸 Weniger Interessenten auf dem Markt → Die Käufergruppe ist eingeschränkt, was den Verkaufswert senkt.
💡 Typische Wertminderung: Grundstücke mit Altlasten können 30 – 70 % unter dem Wert unbelasteter Flächen liegen.

3. Wie wird ein altlastenbelastetes Grundstück bewertet?
Die Immobilienbewertung berücksichtigt Altlasten durch folgende Faktoren:
Schritt 1: Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks ermitteln
Zunächst wird der reguläre Wert des Grundstücks ohne Altlasten bestimmt – in der Regel durch das Vergleichswertverfahren oder das Sachwertverfahren.
📌 Beispiel:
- Vergleichbares unbelastetes Grundstück: 300 €/m²
- Grundstücksgröße: 1.000 m²
- Regulärer Wert: 300.000 €

Schritt 2: Ermittlung der Altlastenkosten
🔹 Umweltgutachten einholen – Ein Bodengutachten gibt Aufschluss über die Art und Tiefe der Belastung.
🔹 Sanierungskosten schätzen – Experten berechnen, welche Maßnahmen erforderlich sind.
📌 Typische Sanierungskosten:
- Leichte Bodenreinigung: 10 – 50 €/m²
- Austausch von Erdreich: 50 – 200 €/m²
- Grundwassersanierung: hohe fünfstellige bis sechsstellige Beträge
Beispiel:
- Boden muss auf 2 Metern Tiefe ausgetauscht werden.
- Sanierungskosten: 100 €/m² × 1.000 m² = 100.000 €

Schritt 3: Berechnung des belasteten Grundstückswerts
📌 Formel:
Verkehrswert mit Altlasten = Verkehrswert ohne Altlasten – Sanierungskosten – Risikozuschlag
Beispiel:
- Ursprünglicher Wert: 300.000 €
- Sanierungskosten: 100.000 €
- Risikozuschlag (wegen Unsicherheiten und längerer Vermarktung): 30.000 €
- Tatsächlicher Verkehrswert des Grundstücks mit Altlasten: 170.000 €
💡 Ergebnis: Das Grundstück verliert 43 % seines ursprünglichen Werts.

4. Wie wird die Altlastenbelastung festgestellt?
Eine belastbare Bewertung erfordert Umweltgutachten und Bodenanalysen. Diese geben Auskunft darüber, wie schwer die Kontamination ist und welche Maßnahmen notwendig sind.
Wichtige Dokumente für die Bewertung
📌 Tipp: Vor einem Grundstückskauf sollte unbedingt geprüft werden, ob Altlasten vorliegen, da Käufer oft für die Sanierung haften!

5. Wer haftet für die Altlastensanierung?
📌 Grundsätzlich gilt: "Verursacher haftet" – aber was, wenn der ursprüngliche Verursacher nicht mehr existiert?
🔸 Verkäufer → Kann haftbar gemacht werden, falls Altlasten verschwiegen wurden.
🔸 Käufer → Übernimmt mit dem Kauf auch die Verantwortung für Sanierungspflichten.
🔸 Öffentliche Hand → Kann in manchen Fällen Fördermittel oder Unterstützung bereitstellen.
💡 Wichtig: Beim Kauf eines altlastenbelasteten Grundstücks sollte eine Haftungsklärung vertraglich geregelt werden!

6. Finanzierung und Versicherungen für Altlasten-Grundstücke
🔹 Banken sind bei Finanzierungen zurückhaltend
- Häufig werden höhere Sicherheitsabschläge bei der Beleihungswert-Berechnung vorgenommen.
- In vielen Fällen verlangen Banken eine Sanierung vor einer Finanzierung.
🔹 Möglichkeiten zur Risikominimierung
✔️ Altlastenversicherung → Schützt gegen unvorhergesehene Kosten.
✔️ Sanierungsförderung → In einigen Bundesländern gibt es finanzielle Unterstützung.
✔️ Kaufpreisnachverhandlungen → Falls nachträgliche Altlasten entdeckt werden.

7. Fazit – Wann lohnt sich der Kauf eines belasteten Grundstücks?
✅ Lohnenswert für:
✔️ Investoren mit Erfahrung in Altlastensanierung
✔️ Käufer mit Zugang zu staatlichen Fördermitteln
✔️ Gewerbeprojekte mit niedrigen Bodenanforderungen
❌ Weniger geeignet für:
❌ Private Bauherren, die selbst darauf wohnen möchten
❌ Käufer ohne finanzielle Rücklagen für mögliche Sanierungen
❌ Bankenfinanzierte Projekte mit hohen Kreditanforderungen
💡 Beste Vorgehensweise:
✔️ Vor dem Kauf ein Umweltgutachten einholen
✔️ Altlastenkataster prüfen
✔️ Sanierungskosten vorab berechnen und vertraglich regeln