Vollgutachten vs. Maklergutachten – Unterschiede und Inhalte im Überblick

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Letztes update:
May 15, 2025

Bei der Immobilienbewertung gibt es viele Begrifflichkeiten – zwei davon werden häufig verwechselt: das Vollgutachten (bzw. Verkehrswertgutachten) und das Maklergutachten (oft auch als Marktwertschätzung bezeichnet). Dabei unterscheiden sich beide grundlegend in Zweck, Umfang, Methodik und rechtlicher Relevanz.

✅ 1. Der Unterschied im Überblick

Merkmal

Vollgutachten (Verkehrswertgutachten)

Maklergutachten (Marktwertschätzung)

Ziel
Rechtssichere Wertermittlung, gerichtsfest
Verkaufspreis-Empfehlung
Verfahren
Nach ImmoWertV (Vergleichs-, Ertrags-, Sachwert)
Erfahrung, Vergleichsobjekte, oft ohne standardisiertes Verfahren
Ersteller
Sachverständiger (öffentlich bestellt oder zertifiziert)
Immobilienmakler
Umfang
30–80 Seiten, umfassend, nachvollziehbar
2–10 Seiten, knapp, stark vereinfacht
Rechtlich verwendbar
Ja (Gericht, Finanzamt, Bank)
Nein (rein informativ)
Kosten
1.000–3.000 €+ je nach Objekt
Kostenlos bis ca. 500 €, häufig im Rahmen eines Verkaufsangebots
Verbindlichkeit
Hoch
Keine rechtliche Verbindlichkeit

️ 2. Was muss ein Vollgutachten zwingend enthalten?

Ein Verkehrswertgutachten nach § 194 BauGB muss vollständig, nachvollziehbar und methodisch korrekt aufgebaut sein. Folgende Inhalte sind Pflichtbestandteile:

📌 A. Deckblatt und formale Angaben

  • Art des Gutachtens (z. B. Verkehrswert zum Stichtag X)
  • Name & Qualifikation des Gutachters
  • Auftraggeber
  • Bewertungsstichtag & Erstellungsdatum

📌 B. Beschreibung der Immobilie

  • Lage (Makro- und Mikrolage)
  • Grundstücksdaten (Flurstück, Größe, Zuschnitt)
  • Baujahr, Größe, Bauweise
  • Zustand, Modernisierungen, energetische Qualität

📌 C. Rechtliche Rahmenbedingungen

  • Auszüge aus dem Grundbuch (Eigentümer, Lasten, Dienstbarkeiten)
  • Baulastenverzeichnis
  • Bodenrichtwert & Bebauungspläne
  • Mietverhältnisse, Nutzungsverträge

📌 D. Wertermittlungsverfahren

  • Auswahl des Verfahrens (Sachwert, Ertragswert oder Vergleichswert)
  • Detaillierte Herleitung & Rechenweg
  • Bewertung des Bodenwerts
  • Marktanpassungsfaktoren
  • ggf. Liegenschaftszins, Restnutzungsdauer

📌 E. Begründung des Ergebnisses

  • Darstellung der Berechnungen
  • Plausibilisierung und Abwägung
  • ggf. Berücksichtigung besonderer objektspezifischer Eigenschaften
  • Angabe des Verkehrswerts in Euro zum Stichtag

📌 F. Anlagen

  • Lageplan, Katasterauszug
  • Grundbuchauszug (nicht im Original, aber als Nachweis der Einsicht)
  • Fotos (innen & außen)
  • ggf. Pläne, Energieausweis, Mietverträge, Baubeschreibung

💡 Hinweis: Der Aufbau richtet sich in der Praxis oft nach der Mustergliederung der Kammern oder der DIN ISO 17024, sofern zertifizierte Gutachter beteiligt sind.

🧾 3. Was enthält ein Maklergutachten typischerweise?

Ein Maklergutachten oder eine Marktpreiseinschätzung ist eine stark vereinfachte Bewertung – meist als Serviceleistung bei Verkaufsabsicht.

Enthalten sind in der Regel:

  • Kurzbeschreibung der Immobilie
  • Vergleichspreise ähnlicher Objekte (oft aus Immobilienportalen)
  • Grober Lage-Check (Makrolage, Infrastruktur)
  • Angabe eines geschätzten Verkaufspreises oder einer Preisspanne

❌ Nicht enthalten sind:

  • Begründete methodische Herleitung
  • Bodenwertberechnung
  • Rechtliche Prüfung
  • Detaillierte Baubeschreibung oder Rechenwege

💡 Fazit: Ein Maklergutachten kann für eine erste Orientierung hilfreich sein – ersetzt aber keine professionelle Wertermittlung, insbesondere nicht bei rechtlichen oder steuerlichen Vorgängen.

4. Wann brauche ich welches Gutachten?

Zweck

Empfohlenes Gutachten

Verkaufspreis einschätzen
Maklergutachten / Kurzbewertung
Scheidung / Zugewinnausgleich
Vollgutachten (gerichtsfest)
Erbschaft / Schenkung
Vollgutachten (für Finanzamt)
Zwangsversteigerung / Insolvenz
Vollgutachten
Finanzierung / Beleihungsprüfung
Vollgutachten (oder bankinternes)
Steuerprüfung / Betriebsvermögen
Vollgutachten
Streitigkeiten mit Miterben, Ex-Partnern
Vollgutachten

🚀 Fazit

Ein Maklergutachten ist schnell, kostenlos oder günstig – aber nicht gerichtsfest und nicht belastbar. Ein Vollgutachten bietet dagegen eine objektive, rechtssichere und nachvollziehbare Bewertung auf Basis gesetzlicher Vorgaben und ist bei vielen Anlässen zwingend erforderlich.

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